Samstag, 13. März 2010

27) Die Breitsülze

Die Breitsülze -,


hat ihren Namen von der früheren Siedlung am breiten Holz,
1254 hatten die Herren von Küllstedt die ihrem Besitz befindliche Mühle und Höfe von Breitenholz dem Kloster Reifenstein übertragen.
Ende des 13. Jahrhunderts einigte sich die Stadt mit dem Kloster und ließ im Jahre 1292 einen künstlichen Wasserlauf von der Quelle oberhalb vom Breitenholz zur Anhöhe der Neustadt anlegen.

Die Berichte, daß Mönche aus Reifenstein an der Planung dieser wassertechnischen Meisterleistung beteiligt waren, dürften schon stimmen, waren doch die Zisterzienser für ihre bautechnischen Kenntnisse weit bekannt.
So hat der Wasserspiegel der Quelle am Herbstberg eine Höhe von 227,20 Meter über NN und am Äußeren Frauentor eine Höhe von 225,40 Metern. Der Wasserlauf wurde ziemlich genau auf den Höhenlinien um die Berge und Täler im Nordwesten der Stadt herum geführt und hat mit einer Länge 5.350 Metern nur ein Gefälle von 180 cm.





Ab 1823 fanden an der Breitsülzenquelle ebenfalls die Quellfeiern der Schulen statt. 1837 hatte der Gastwirt Eisenhardt die Gaststätte "Zur Breitsülze" bauen lassen, die zum beliebten Ausflugsziel wurde.
Als die Gaststätte 1972 vom VEB Grünanlagenbau übernommen wurde, fand hier schon seit einigen Jahren keine Quellfeier mehr statt. Nach der Wende wieder privat betrieben, wurde die Gaststätte aber 2001 vom Eigentümer, der TUPAG-AG abgerissen.






Die Breitsülze versorgte jahrhundertelang die Oberstadt mit Brauchwasser. Die "Wasserknechte" hatten dafür Sorge zu tragen, ".. daß sie den Breitsülzenborn und den ganzen Strom winters und sommerszeit ... räumen, säumen und säubern ... sollen .."
Für das "säumen" des Ufers wurden die Weiden an den Bachläufen genutzt, die regelmäßig beschnitten wurden.
Nach dem Herbstberg umging der Bachlauf das Tal des Schmalzholzes, überquerte den Pfafferöder Steingraben und schwenkte dann wieder nach Osten um den kleinen Tonberg zu umgehen.



Nach erneutem Richtungswechsel floss der Bach um den Tonberg herum, wo im 19. Jahrhundert die Ausflugsgaststätte "Zum Tonberg" entstand. Im letzten Jahrhundert lange ungenutzt, wurde das Objekt dann zur Jugendherberge um- und ausgebaut.







Wie fast am ganzen Bachlauf, befinden sich auch am Kruchenplan oberhalb des Johannistales rechts und links der Breitsülze zahlreiche Gärten.
Hier zogen die Mühlhäuser am Wochenende mit Kind und Kegel in ihr Gartenhäuschen, wo man sich bei Selbstgebackenen und "Bliemchenkaffee" erholte. Aber die Gartenarbeit forderte auch in der Woche ihren Tribut, wobei der nahe Bachlauf allerdings das Gießwasser günstig bereitstellte.











Am Ende des Johannistales an der Dicken Linde machte die Breitsülze nach der Überquerung des Johannistalbaches wieder eine Kehrtwendung und floss jetzt nach Osten zur Oberstadt.
Früher ein beliebter Spazierweg, hat das Johannistal zwar heute etwas von seinem Reiz verloren, aber die Dicke Linde ist immer noch ein Begriff. Wie hatte der Mundartdichter Georg Wolff geschrieben:
"As grüne un blühe dr Baim nach Johren, ai fer die, die nach uns waren gebohren ...!
Na ja ..., Linden sollen ja ziemlich alt werden. Schaun wir mal!










An der oberen Johannisstraße floss die Breitsülze dann zur Stadt.
Hier führte im Mittelalter der alte Hessenweg vom Frauentor am Galgenberg vorbei zur Pfafferöder Höhle und von dort an der Tonbergswarte vorbei in Richtung Eigenrieden.
Anfang des 19. Jahrhunderts erhielt die Straße nach Hessen den heutigen Verlauf über die Wanfrieder Landstraße.
Der Bachlauf der Breitsülze wurde dann hier in der DDR-Zeit mit Schutt und Unrat verfüllt und erst in den neunziger Jahren wieder bis zum Blobach instandgesetzt.









Vor dem Schützenberg biegt der Wasserlauf noch einmal nach links ab und umgeht in weitem Bogen die Anhöhe.
Der frühere Galgenberg war im Mittelalter die Richtstätte der Stadt. Die Gehenkten blieben zur Abschreckung tagelang am Galgen hängen und wurden dann in die angrenzende Kalkgrube geworfen. Für Enthauptungen und Verbrennungen wurde später oft auch der Blobach genutzt.
Anfang des 19. Jahrhunderts erhielt die Schützenkompanie das Gelände als Schießplatz und 1823 entstand dann hier die beliebte Saalgaststätte "Zum Schützenberg".



Vor dem Äußeren Frauentor floss dann die Breitsülze auf der Nordseite der Johannisstraße weiter. Die Straße wurde Ende des 19. Jahrhunderts meist mit repräsentativen Unternehmervillen bebaut. Auch einige Betriebe entstanden hier, so die Bergbrauerei, die Thuringia-Brauerei und die Weberei Kroll und Kleinschmidt.
Nach der Wende verschwanden dann die Betriebe und auf dem Gelände der Thuringia-Brauerei entstand ein Wohnpark mit Einfamilienhäusern.
Verschwunden ist hier auch seit 1968 die Straßenbahnlinie von der Oberstadt zur Aue, die 1901 errichtet wurde.








Hinter dem Äußeren Frauentor kreuzte der Bachlauf die Straße und floss auf deren Südseite weiter.
Eigentlich dürfte der alte Hessenweg, der hier seinen Anfang hatte, noch eine ältere Vorgängerstraße gehabt haben. Von der ehemaligen Reichsburg führte offensichtlich eine Straße über den Alten Blobach durch das Kaisertor an der Harwand auf den Tonberg und von dot in Richtung Hessen.
Mit dem Bau der inneren und äußeren Stadtmauer und ihren Toren im 13. und 14. Jahrhundert, dürfte dann diese "neue" Straße am Galgenberg entlang, entstanden sein.










Hinter dem Äußeren Frauentor stand seit 1323 an der Westseite des Blobachs die Blobachsmühle, die überwiegend als Mahlmühle genutzt, aber auch als Lohmühle und Ziegelmühle betrieben wurde.
Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Betrieb, stand das Gebäude in der DDR-Zeit jahrelang leer und brannte 1983 teilweise ab. Der Ersatzbau entstand dann als reines Wohnhaus.






Für viele Jahre trennte der Bachlauf dann die Johannisstraße vom eigentlichen Blobach; einem leicht abfallenden Platz, der als Flachsschwemme, Exerzier und Aufmarschplatz und Anfang des 19. Jahrhunderts als Turnplatz diente.
Und eigentlich soll ja der Blobach der Ausgangspunkt einer "via triumphalis" der deutschen Kaiser gewesen sein. Aber darüber wird noch später zu berichten sein.






1762 war dann der Blobach erst einmal Teil der unvollendet gebliebenen Festung Mühlhausen. Die Franzosen hatten im siebenjährigen Krieg im Bündnis mit dem Kaiser die Stadt gegen die Preußen zur Festung ausbauen wollen. Laut Chronik wurden fast alle Vorstädte "ruiniert".
Der Blobach war durch eine große Schanze abgesperrt, die noch durch Palisaden und "Wolfslöcher" geschützt war. Vom Petristeinweg kam man jetzt nur durch die Zinkengasse zum Äußeren Frauentor, bei den ständig durchziehenden Truppen wohl kein Vergnügen für die Anwohner.
Als die Franzosen dann wieder abzogen, hatten die Mühlhäuser jahrelang zu tun, die Schäden zu beseitigen.







An der inneren Stadtmauer zwischen Frauentor und Rabenturm tritt die Breitsülze dann in die Oberstadt ein.
Der ehemalige Äquadukt wurde bei der Rekonstruktion des Bachlaufes originalgetreu wieder errichtet.
In der Oberstadt trieb die Breitsülze dann zuerst die Antoniusmühle und wurde als Straßenbach durch zahlreiche Straßen der Innenstadt geleitet. Doch auch darüber später mehr.








Die Herleitung der Breitsülze zur damaligen Neustadt im Jahre 1292 war schon eine technische Meisterleistung und so war es nicht verwunderlich, daß auch darüber eine Sage entstand.
So sollte ein Mönch wegen eines Vergehens hingerichtet werden und in seiner Not versprach er dem Teufel seine Seele, wenn der ihm einen Plan lieferte, wie man Wasser für die Neustadt heran führen könnte.
Prompt lieferte der Teufel den Plan, der Bach wurde gebaut und der Mönch begnadigt. Als der Bach aber fertigt war, drehte ihm der Teufel den Hals um und war mit der Seele auf und davon.




Übrigens -,
der Teufel hatte damals immer wieder seine Hand im Spiele. In den alten Sagen und Märchen und im Glauben und Aberglauben, spielte er immer wieder eine Rolle.
So war es auch kein Wunder, das der Teufels- und Hexenglaube auch in Mühlhausen zahlreiche Opfer fand.
Der nächste Beitrag soll hiervon berichten.

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